Tai-Yo-Chi®, Qigong, Taiji, Meditation im Gefängnis

Da Tai-Yo-Chi® , Qigong, Taiji, Meditation und vollumfängliches Yoga immense,  belegte Potentiale – auch verhaltenstherapeutische –  für den Menschen zur inneren „Selbst-Aussrichtung“ bieten, ohne das rein quietistische Element (reine Entspannungsverfahren wie Autogenes Training, Progressive Muskelrelaxation, Konzentrative Entspannung) zu betonen, kann das „In-Kontakt-Kommen“ mit diesen, für die jeweiligen Gefangenengruppen adaptierten, alten Inhalten und Übungswegen für den (interessierten) Gefangenen neue Sehweisen auf die eigene Situation, die gegenwärtigen Gegebenheiten und ein Stimulus für einen Bedarf an Veränderung bedeuten.

Erfolgserlebnis für den Gefangenen

Für manch einen Gefangenen kann es ein „Erfolg“ sein, einen (geschlossenen) Kurs absolviert, d.h. oft auch „durchgehalten“ zu haben. Dieses Bestätigen des Machbaren aus den eigenen Ressourcen heraus wiederum hat selbstredend Einfluß auf die psycho-physische Befindlichkeit während der Haftzeit und wirkt – wenn zuweilen auch nur temporär – einer nihilistischen Daseinsweise und der allgemein destruktiv wirkenden Empfindung des fremdbestimmten, eigenen, oft von Sinnlosigkeit durchzogenen Daseins, entgegen. Der kleine, selbst erwirkte Erfolg kann für den „Abbrecher-Typus“ eine kleine Bewegung hin zur Wende bedeuten.

Deeskalation und Konfliktbewältigung im Vollzug

Einzelne Techniken bieten jeder Person ad hoc im Alltag des Strafvollzugs sowohl Möglichkeiten zur nonverbalen Deeskalation als auch zur Selbstachtung wie auch minimalen Selbstbehauptung.

Selbst gewaltfreie kommunikative verbale und nonverbale Ansätze zur Interaktion und Konfliktbewältigung können sich schon während des Vollzugs ausbilden. Die Frustrationstoleranz nimmt vereinzelt zu. Der Alltag im Strafvollzug, der mit Haftantritt auch eine enorme Zunahme der psychischen Belastung für einzelne Insassen ist, wird zuweilen erträglicher.

Im Gefängnis ist nach der Haft

Zudem ist es durchaus möglich, das nach Entlassung aus der Haft, erlebter Kontakt und gemachte Erfahrungen mit Tai-Yo-Chi® , Meditation oder Qigong (oder auch Yoga) im Einzelfall ehemalige Gefangene dazu ermuntern, örtliche Angebote dieser oder ähnlich gearteter Übungs- und Lehrwege (wie Taijiquan, Yoga) in ihrem zukünftigen Umfeld wahrzunehmen.

Voraussetzung dazu ist jedoch eine lange/ umfängliche und möglichst konsequente Wirkdauer des vom Gefangenen ausgewählten Kursangebotes während des Strafvollzug.

Gruppengestaltung und Kursräume

Die Inhaftierten (nach eigener Erfahrung bisher ausschließlich männlich) – max. 15 Personen in einer Gruppe – können je nach räumlichen Möglichkeiten in einer  Sporthalle (Handballfeldgröße: 20×40 m) oder mind. 20-50qm großen Räumen nach den vorliegenden  Erfahrungen gut angeleitet werden. Die Gruppenstärke (Anzahl der Personen) und Zusammensetzung sollte den Gegebenheiten, wie z.B. Raummaße, Eigenschaften und Besonderheiten, wie Gruppenfähigkeit, oder auch Schamgefühl, der Gefangenen/ Klientel angepasst werden.

Zusammengestellte große (max. 15 P) oder kleine (z.B. 3-5 P) Gruppen Gefangene aus dem  Normalvollzug oder im gesonderten Vollzug (z.B. SoThA – Sozial -Therapeutische Anstalt; Suchtstation) werden je nach Besonderheiten, Zielstellung und Konzept angeleitet.

Es waren aufgrund der Unterschiedlichkeit der für die Haft zu Grunde liegenden Delikte auch Langzeitinsassen Teilnehmer der wöchentlichen Kursstunden. Allen projektbedingt ausgewählten Gefangenen standen die Kursstunden nach einer Probephase (z.B. auf einer (SoThA) sozial-therapeutischen Anstalt) dann über einen festgelegten Zeitraum hinweg – verbindlich – zur Verfügung.

Tai-Yo-Chi®Qigong, Meditation und Yoga,auf der Basis der gesundheitlich – physischen  und psycho – sozialen Potentiale und Kompetenzen können eine Alternative zu den allgemeinen sportiven bzw. spielorientierten Ansätzen, Wettkämpfen und Krafttrainings im Strafvollzug sein.

Annahme und Ablehnung der Angebote

Natürlich ist im Gefängnis bei männlichen Gefangenen mit Vorbehalten und gar ungeprüfter, vehementer Ablehnung im Vorhinein insbesondere gegenüber Qigong oder Yoga, der meist als „Frauensport“ und entsprechend „weich-gymnastisch“  stigmatisiert wird, zu rechnen und umzugehen. Kampfkunstbasierte Ansätze wurden meist vorab gut angenommen.

Letztlich kommt es wie oft darauf an, wie der Einstieg erfolgt. So hatten sich zuweilen auch s.g. „Hardliner“ und Langzeitinsassen entgegen dem Vorurteil z.B. auch für Yogastunden entschließen können.

Gespräche, gegenseitiges Kennenlernen und intensiver und wohlwollender Austausch vor Projektbeginn mit den jeweiligen ProjektleiterInnen und den Gefangenen selbst- auch in Form einer Probestunde – war dazu immer die erste Stufe.

Norman Sieg unterrichtet Tai-Yo-Chi®, Qigong, Meditation und Yoga im Jugend-Strafvollzug.